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Kreditmanagement im zweiten Lockdown

Der deutsche „Lockdown light“ trifft bestimmte Branchen erneut hart. Welche Auswirkungen ergeben sich für das Kreditmanagement?
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20.11.2020, Prof. Dr. Matthias Schumann

"Lockdown light" in Deutschland

Der zweite Lockdown ist in Deutschland für den gesamten November angekündigt. Er trifft deutschlandweit primär ganz bestimmte Branchen, die auch bislang schon sehr gelitten haben und keine gewohnten Umsätze erreichen konnten.

Bei vielen dieser Unternehmen ist die Liquiditätssituation deshalb schon vorher angespannt. Auch wenn es jetzt weitere staatliche Hilfen gibt - zum Teil 75 % des Umsatzes aus dem Monat oder eines Durchschnittsmonats des vergangen Jahrs - so ist auch hier mit zeitlichem Verzug bei der Auszahlung zu rechnen, was die angespannte Situation nicht einfacher macht.

Besonders betroffene Branchen

Zu nennen ist hier insbesondere das Hotel- und Gaststättengewerbe. Es sind aber auch Zulieferindustrien betroffen. Man denke dabei an Brauereien oder den Hotel- und Gaststättenhandel. Ebenso trifft es nach wie vor den Tourismus und damit Touristikunternehmen, die über massive Umsatzausfälle klagen oder aufgrund der Reisebeschränkungen Umsätze nicht realisieren können.

Ebenso ist die Freizeitbranche betroffen, z. B. können hier Fitnessclubs genannt werden. Die gesamte Veranstaltungsbranche ist ebenfalls in einer prekären Situation. Und es trifft auch den Messebau und damit verbundene Unternehmen.

Schließlich sind die Transportunternehmen zu nennen, die ebenso geringere Nachfrage erfahren. Das trifft die Bahn genauso wie Busunternehmen.

Auswirkungen auf das Kreditmanagement

Aus Kreditmanagement-Sicht kann man davon ausgehen, dass sich die Auftragslage aus diesen Branchen abschwächen wird. Gleichzeitig wird es Probleme machen, offene Rechnungen bei fehlendem Umsatz beizutreiben, und es ist mit Zahlungsverzögerungen zu rechnen. Bei all diesen Unternehmen ist die Liquidität kritisch zu hinterfragen, wenn man als Lieferant Außenstände besitzt oder bevor man neue Umsätze tätigen möchte.

Wir müssen uns auch ansehen, wie die europäischen Lieferketten aussehen. Ware aus Südeuropa kommt ins Stocken und Lieferketten reißen. Im Bereich der Großprojekte – auch bei Großprojekten der öffentlichen Hand – dürften wir Stockungen mit finanziellen Konsequenzen sehen.

Schließlich sind deutsche Unternehmen, die in das europäische Ausland exportieren, jetzt sehr stark von der Pandemie betroffen. In den anderen Ländern sind die Regeln noch viel schärfer, so dass die wirtschaftlichen Konsequenzen noch drastischer sind. Hier sind kurzfristige Zahlungsstundungen bei direkten Umsatzausfällen sicherlich in Einzelfällen nicht vermeidbar – mittel bis langfristig ist dieses jedoch keine Lösung.

Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind am Anleihemarkt sehr aktiv, um Liquiditätsvorräte aufzubauen oder zu halten. Das schafft aber mittelfristig hohe Verschuldungsgrade und Risiken in der Anschlussfinanzierung. Dieses sollte man im Kreditmanagement bei seinen Kunden kritisch analysieren, um rechtzeitig Limite zu kürzen. Ich gehe auch davon aus, dass die Kreditversicherungen dieses im Auge haben.

Entwicklungen in 2021

In Deutschland ist ebenfalls zu beachten, dass ab 1.1.2021 wieder die Insolvenzantragspflicht für die Überschuldungstatbestände greift. Insgesamt wird sich daher in 2021 die Zahl der Insolvenzen deutlich erhöhen.

Wir können mittlerweile sicherlich davon ausgehen, dass sowohl ein Impfstoff noch dauern wird als auch die wirtschaftliche Erholung durch die Pandemie langsam stattfindet, z. Zt. eher stagniert oder sogar Rückschläge zu verzeichnen sein werden.

Welche Folgen hat der Wahlausgang in den USA? Bei einem so knappen Sieg Bidens wird er auf die nationalen Amerikaner zugehen müssen, will er das Land wieder einen. Es ist daher für die Wirtschaftspolitik kurzfristig keine Abkehr vom Protektionismus erwarten, was ja bei den Demokraten sowieso hoch im Kurs ist. Der Export wird nicht einfacher. Kurzfristig wird auch das Virus in den USA im Vordergrund stehen. Kommt es hier nicht zur Abschwächung, wird es weitere negative Folgen geben.

Gleichzeitig müssen im neuen Jahr auch die negativen Effekte des ungeregelten Brexit, der ja z. Zt. nur eine geringe Rolle spielt, beachtet werden.

Es bleibt daher z. Zt. nichts anderes als bzgl. der Kreditvergabe an Kunden „auf Sicht“ zu fahren und weiter kritisch Branchen, Unternehmen die in bestimmte Exportregionen liefern oder die hohe Verschuldungsgrade haben, sehr genau zu prüfen.

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Über den Autor
Prof. Dr. Matthias Schumann

Seit 1991 hat Prof. Dr. Matthias Schumann eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik (Professur für Anwendungssysteme und E-Business) an der Universität Göttingen inne. Er leitet auch das gemeinsame Rechenzentrum der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät.
Er ist Gesellschafter der Prof. Schumann GmbH.

In der Forschung beschäftigt sich Prof. Schumann unter anderem mit Informationssystemen bei Finanzdienstleistern und Systemen zum Kreditmanagement sowie Fragen zum Wissens- und Bildungsmanagement. Prof. Schumann verfügt über vielfältige Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen, umfangreiche Vortragstätigkeiten und über mehr als 350 Veröffentlichungen.

Universität Göttingen

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