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ESG: Einfluss auf das Kreditmanagement

Warum wird ESG zukünftig das Kreditmanagement in Unternehmen beeinflussen? Und wie werden relevante Informationen bereitgestellt und in ein Rating übernommen?
Blog Posts, SCHUMANN Insights
26.04.2022, Prof. Dr. Matthias Schumann

Die Auswirkungen von ESG auf das Kreditmanagement

In der Finanzbranche ist das Thema ESG schon allgegenwärtig. Doch auch in der Wirtschaft spielen nachhaltige Kriterien bei strategischen Entscheidungen eine immer größere Rolle, nicht zuletzt auch aufgrund politischer Initiativen wie bspw. dem deutschen Lieferkettengesetz, dem wohl bald auch auf EU-Ebene ein entsprechendes Gesetz folgen wird.

Aber was genau bedeutet ESG eigentlich? Warum wird ESG zukünftig das Kreditmanagement in Unternehmen beeinflussen? Und wie werden relevante Informationen bereitgestellt und in eine Bewertung übernommen?

Darüber spricht in dieser Folge von SCHUMANN Insights Prof. Dr. Matthias Schumann, Professur für Anwendungssysteme und E-Business an der Universität Göttingen und Gesellschafter von SCHUMANN.


Was bedeutet ESG?

Der Begriff ESG kommt aus dem Englischen. Die drei Buchstaben stehen für "Environment", "Social" und "Governance" – zu deutsch Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – und beschreiben im Grunde das Ziel einer umfassend nachhaltigen Unternehmensführung, in der sowohl Umwelt- als auch soziale Aspekte berücksichtigt werden.

Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei Finanz-Entscheidungen ist in der Finanzbranche in den letzten Jahren verstärkt zu beobachten. Das wird zum einen gefördert durch ein verändertes Anspruchsdenken der Stakeholder, zum anderen aber auch durch regulatorische Anforderungen bspw. seitens der EU, die sich im Jahr 2019 dazu verpflichtete, eine globale Führungsrolle im Bereich des Klimawandels zu übernehmen.

ESG in der freien Wirtschaft?

Der Megatrend Nachhaltigkeit stoppt (logischerweise) nicht im Finanzdienstleistungssektor. Auch Unternehmen müssen und wollen sich vermehrt damit auseinandersetzen, wie Nachhaltigkeit in ihren unternehmerischen Entscheidungen Berücksichtigung finden kann.

Auch hier kommt Druck von zwei Seiten: Die Gesellschaft fordert ein verändertes und transparentes Verhalten von Unternehmen, und die Politik erzeugt angesichts von Initiativen wie dem deutschen Lieferkettengesetz (dem bald ein Gesetz auf EU-Ebene folgen dürfte) ihrerseits Zugzwang. Weitere Initiativen sind zu erwarten.

ESG: Einfluss auf das Kreditmanagement

Für kapitalmarktorientierte Unternehmen ab einer gewissen Größe gibt es bereits heute Berichtspflichten bezüglich der Corporate Social Responsibility. Ab 2023 wird es, wie bereits erwähnt, für bestimmte Unternehmen eine Prüfungspflicht bzgl. des Lieferantensorgfaltspflichtgesetzes geben. Und es ist zu erwarten, dass sich die gesetzlichen Vorgaben auch in Zukunft weiter verschärfen.

Natürlicherweise führen diese Auflagen dazu, dass auch die Zulieferer der berichtspflichtigen Unternehmen selber berichten oder über entsprechende Zertifikate verfügen müssen, da sich ansonsten die Position der berichtspflichtigen Unternehmen verschlechtern würde.

Geschäfte werden in der Konsequenz nur noch mit Unternehmen gemacht, die auch bei den ESG-Kriterien gut beurteilt sind. Das hat direkte Auswirkungen auf die Absatzsituation eines Unternehmens – und damit auf das Rating und die Beurteilung durch das Kreditmanagement.

ESG-Ratings helfen bei Bewertung

Ein ESG-Rating oder ESG-Score kann Auskunft darüber geben, wie nachhaltig ein Unternehmen aufgestellt ist. In Deutschland entwickeln Unternehmen wie die Creditreform oder Schufa solche Lösungen. International bietet z. B. Infinitiv solche ESG-Scores bereits an.

Die Schwierigkeit bei diesen Ratings ist, dass jeder Informationsdienstleister sein eigenes Vorgehen entwickelt und es damit kein weltweit einheitliches Verfahren für die Bildung von ESG-Scores gibt – es wird also so sein, wie es sich auch sonst bei der Interpretation von Auskünften darstellt.

Für die Informationsdienstleister setzt das Bestimmen der Ratings voraus, dass die zu beurteilenden Unternehmen umfangreich berichten, damit auf relevante Daten zur Beurteilung zugriffen werden kann. Ebenso können hier Verpflichtungen der Unternehmen zur Einhaltung von generellen Standards oder Zertifizierungen als Indikatoren dienen.

Evtl. werden diese Ratings im ersten Schritt nur für größere Unternehmen angeboten. Die Marktkräfte werden aber dazu führen, dass langfristig alle Unternehmen zur Veröffentlichung ihrer Aktivitäten in diesen Bereichen gezwungen werden, auch wenn dieses nicht gesetzlich verankert wird.

ESG-Aktivitäten beeinflussen langfristig Unternehmensperformance

Kurzfristig sind ESG-Ratings sicherlich ein Indikator bzgl. der Aufstellung eines Unternehmens und geben damit eine zusätzliche Information für die Kreditvergabe. Langfristig werden die Aktivitäten der Unternehmen im ESG-Bereich aber Auswirkungen auf die Unternehmensperformance haben. Die Bewertungsaspekte werden dann sicherlich direkt Eingang in die Ratings zur finanziellen Stabilität eines Unternehmens finden.

Man sollte also auf diese Veränderungen insbesondere auch im Kreditmanagement vorbereitet sein. Der Einstieg in die Prüfung der Regeln zur Lieferkettensorgfaltspflicht kann dabei ein erster Ankerpunkt sein.

Effizient wird sich dieses und auch eine Gesamtlösung nur mit Hilfe angemessener IT-Systeme betreiben lassen.

Über den Autor
Prof. Dr. Matthias Schumann

Seit 1991 hat Prof. Dr. Matthias Schumann eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik (Professur für Anwendungssysteme und E-Business) an der Universität Göttingen inne. Er leitet auch das gemeinsame Rechenzentrum der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät.
Er ist Gesellschafter der Prof. Schumann GmbH.

In der Forschung beschäftigt sich Prof. Schumann unter anderem mit Informationssystemen bei Finanzdienstleistern und Systemen zum Kreditmanagement sowie Fragen zum Wissens- und Bildungsmanagement. Prof. Schumann verfügt über vielfältige Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen, umfangreiche Vortragstätigkeiten und über mehr als 350 Veröffentlichungen.

Universität Göttingen

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